Schreckensnacht auf Stuifen


... widmete man sich am Abend Speis und Trank in einem der gastlichen Wirtshäuser der Stadt.

Doch nicht lange war man ungestärt, stürmten doch drei arg verstörte Bauersleut in die gute Stube und fielen vor ihrem Fürsten auf die Knie noch bevor sie die fürstliche Garde zurückweisen konnte. Unheimliches würde sich auf der nahen Burg Stuifen ereignen, die übel zugerichtete Leiche eines Bauern sie gefunden worden und ein schwarzer Schatten würde die Mauern der Burg umgehen. So möge nun ihr ehrwürdiger Fürst, baten sie untertänlichst, seinen Hofmagier Farnir und einige wackere Mannen der Garde entsenden, um nach dem Rechten sehen zu lassen.

Während die Drei Kvalor um Beistand beknieten, aber trat eine wietere Gestalt zu uns, die wohl etwas später das Wirtshaus betreten haben mußte, schaute in die Runde bis ihre Blicke an Ragnar und mir hängen blieben und nahm uns beide schließlich beiseite. Flüsternd gab uns der dunkel gekleidete Mann, sicherlich kein einfacher Landmann, zu wissen, daß der tote Bauer in Wirklichkeit ein Bote aus Rijnland gewesen sei, der seinem Fürsten einen wichtigen Fund - drei Schriftrollen - überbringen sollte. Ein schwarzer Schatten hätte ihn jedoch verfolgt, und so habe er die Schriftrollen auf Burg Stuifen verborgen und ihn, den Mann, der jetzt mit uns sprach, beauftragt Fürst Ragnar bericht zu erstatten, wenn ihm, dem Boten, etwas zustoßen sollte. Man solle dem suebischen Fürsten aber nichts von der Sache zutragen ...

Alles sehr geheimnisvoll, dachten Ragnar und ich, nachdem wir dem Dunklen, welcher nebenher bemerkt schon seit langem verdienstvoll für Rijnland in Suebia `tätig ist, zehn Goldmurl zugesteckt hatten.

`Er` aber tauchte unbemerkt in dem Menschengewühl der neben der unsrigen Stube liegenden Wirtshaushalle unter ...

Als wir uns wieder den anderen zuwandten, hatte Kvalor schon alles organisiert. Farnir sollte mit einigen Gardisten unter dem Befehl Scorpios, dem Ausbildungshauptmann der Garde, zur Burg ziehen, Waldläufer Atroyan war bereit mit seinem Bogen Beistand zu leisten, und so fiel es Ragnar und mir nicht weiter schwer uns auch noch aufzudrängen, dem suebischen Fürsten einen Freundschaftsdienst zu erweisen. Von unserem Gespräch mit dem Fremden schien niemand in der Aufregung größere Notiz genommen zu haben.

Edan schüttelte nur noch den Kopf über den Übereifer seines Gildenmeisters, schwarze Gestalten in Burgen zu verfolgen und kam einfach auch noch mit ... irgend jemand mußte ja auf den Ersten Herold achten. Zurück blieb allein Fürst Kvalor, denn irgend jemand mußte eben auch über unseren Nachtisch wachen, der dank unseres eiligen Aufbruchs zurückgelassen werden mußte.

Düster ragten Stuifens Mauern im fahlen Licht einer naßkalten Mondnachtin den Himmel. Zwei Nächte zuvor war Vollmond. Nebelschwaden zogen vereinzelt über den glitschigen Boden. Bestes Geisterjägerwetter, wie es sich bald zeigen sollte.

Die Burgbewohner hatten sich alle in ihre Gemächer oder ins Burggasthaus verkrochen, selten begegneten wir in dieser Nacht Einheimischen.

In der Tat fanden wir vor der Burg eine Leiche, leicht angefressen von irgendwelchem Getier schon und seltsamerweise nach so kurzer Zeit, lange war dieser Mann noch nicht tot, bereits nach Verwesung riechend. Todesursache, so Fachmann Farnir, harter Schlag auf den Kopf.

`Soso, murmelte ich kopfnickend, den zertrümmerten Schädel betrachtend.

Wir entschieden uns zu teilen, um so die Burg schneller nach dem Phantom zu durchsuchen. Edan und Atroyan begleiteten Farnir, Scorpio kümmerte sich um meinen Schutz und die Gardisten sicherten die Burgtore. Ragnar und ich hatten beschlossen getrennt nach den Schriftrollen zu suchen, wir wollten nicht weiter auffallen. Leider lenkte mein Fürst durch seltsames Verhalten die ganze Aufmerksamkeit gerade auf sich. So nußte er zum Beispiel ganz allein die Burg erkunden und lief öfters davon, wenn sich einer der unsrigen ihm näherte - sehr geschickte Tarn- und Verschleierungsstrategie, ja, ja.

Ich aber hatte alle Mühe das Mißtrauen der anderen zu zerstreuen.

Weiter war es kein Wunder, daß gerade Ragnar als erster von dem Gespenst angefallen und glücklicherweise nur kurzzeitig gelähmt wurde, da Farnir das Phantom durch sein Auftauchen verscheuchte. Eine Begünstigung dieses Vorfalls war aber, daß ich Ragnars weiteres Mißtrauen erweckendes Verhalten als geistige Verwirrung, resultierend aus den Nachwirkungen der Lähmung auslegen konnte.

Farnir erkannte aber in dem Gespenst einen Ghoul, ein leichenfressendes Geschöpf der Nacht, welchem mit normalen Waffen nicht beizukommen ist. Leider führten weder Ragnar Lughs Schwert, noch ich Lughs Lanze mit uns, doch spielten uns ungewöhnliche Umstände eine Phiole mit geweihtem Wasser des Suebengottes Ired zu, mit dem wir unsere Klingen betreufelten. Die Ghouljagd konnte beginnen ...

Ragnar und ich hatten schon zwei der Schriftrollen in den unterirdischen Gängen der Burg entdeckt, als wir erfuhren , daß man den Ghoul mit dem heiligen Wasser vernichtet hatte. Die dritte Schriftrolle fiel leider in die Hände der Sueben. So erfuhren Ragnar und ich durch unsere beiden Schriftstücke zwar, daß die schwarzmagischen Uneshgeweihten in Rijnland Übles im Schilde führten, sie ein Heer von 500 Ghouls nach Suebia lenkten, das eine Furche der Verheerung hinter sich ziehen sollte. Doch fehlte uns das dritte Stück einer Karte, die uns den Aufenthaltsort eines geheimnisvollen Gegenstandes zu erkennen geben sollte, ein Ding, das die Uneshpriester zwar an sich gebracht hatten, aber nicht für ihre düsteren Zwecke einsetzen können.

Nach heftigen Disputen zwischen dem rijnländischen und dem inzwischen aufgetauchten suebischen Fürsten, in dem alte Auseinandersetzungen um die Stadt Carolum wieder vorgebracht wurden, der suebische Regent beschuldigt wurde schon die ganze Zeit von dem Treiben der Uneshpriesterschaft in Rijnland gewußt zu haben und seines Vorteils wegen geschwiegen hätte und ich, der Erste Herold, der Parteinahme für Rijnland, widersprechend meinem Eid der Neutralität, angeklagt wurde, konnten sich beide Seiten des Kampfes gegen das Bösewillen einigen und legten alle Schriftrollen offen auf den Tisch.

Dank sei dem Waldläufer Atroyan und dem Herold Edan, die diesen friedlichen Weg ebneten.

So ersah man schließlich doch noch, daß der besagte merkwürdige Gegenstand die dritte Waffe des Lugh war, die der Schwarze Druide Kyralast entwendet hatte - die Gaer Burh genannte Wurfkeule. Die Uneshgeweihten sammelten diese, nachdem sie nach Kyralasts Tod bar jeden magischen Schutzes und von uns nicht gefunden worden war, einfach auf.

Die Gaer Burh trifft stets schrecklich ihr Ziel und kehrt zu ihrem Besitzer zurück. Wird sie jedoch für unrechtes Tun genutzt, erschlägt sie den, der sie geworfen hat.
So konnten sie die Uneshpriester lediglich in einem ihrer Tempel, über dessen Lage die Karten der Schriftrollen Auskunft geben, verbergen.

Soweit die Geschehnisse und Erkenntnisse aus Essilinga. ...