Räuberhatz

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Der Reisende Ventor Ignatius, kaum hatte er bei dem werdenden Magier Llewellyn über Kopfschmerzen geklagt, wurde urplötzlich einem Baume gleich gefällt.Am Boden sich windend, sprudelten die Worte geradezu aus ihm hervor - eine Vision!

`Ein Ritter ... ein riesiges Schlachtfeld ... tausende von Kriegern auf beiden Seiten ... Kampf ... Blut und Schmerz ... der edle Ritter ... gefallen und doch nicht tot ... Strafe für seine frevelnde Tat ... die Seele muß wandeln, vom Körper getrennt ... zu retten er ist ... der Priester vom Tempel allein ... er weiß Rat!`

Kaum hatten wir begriffen, was sich eigentlich zutrug, da war es auch schon vorbei und alle schauten in das recht verdutzte Gesicht Ventor Ignatius’: `Was schaut Ihr mich so an?` - Natürlich wußte er nichts mehr; das was von ihm Besitz ergriffen hatte, war aus seinem Körper gewichen ...

Kurzentschlossen beendeten wir die Spiele und erwählten die Gefährten aus unserer Mitte, die zum Tempel wandern sollten, um Näheres vom Priester des Alten Volkes zu erfahren, um - vielleicht - den seltsamen Ritter zu erlösen. So zogen denn Sethor, Llewellyn, Alcabar, Rubens, Guntram, Nina und ich zum Tempelhügel.

Erst hatten wir geplant uns zum Tempel zu schleichen, um dort eventuell lauernde Gefahren nicht zu laut schwatzend und unachtsam, wie manch andere Abenteurergruppe zuvor, in die verderblichen Arme zu laufen. Doch bald machten wir am Tempel eine fröhlich feiernde Ansammlung von heimischen Frankonen aus, von der außer ausziehenden und fragenden Blicken, keine Gefahr drohen mochte.

Wie es das Gesetz des schon vom letzten Markte bekannten weißgesichtigen und gülden geflammten Priesters wollte, legten wir unsere Waffen am Portal des Tempels ab, wo wir sie Alcabars wachsamen Augen überliesen. Denn feierndes Volk hin, feierndes Volk her, - traue keinem weiter als ein gegrillter Schogote hüpfen kann. Im Tempel - wie sollte es das Schicksal auch anders bestimmen - wartete Gevatter Weißgesicht neben dem Opferbecken schon auf uns und fragte nach unserem Begehr.

Nach recht langem Hin und Her, ward unsere Unwissenheit etwas beseitigt:
So sollten wir die Seele eines gar edlen Ritters retten, der wegen Verrats an alten Gottheiten - ganz so edel war er also doch nicht - verdammt wurde, niemals Frieden zu finden. und ewig als Gespenst umzugehen, der aber laut Aussage des Priesters längst seine Tat bereut und Erlösung verdient hat.
Dazu galt es heiliges Wasser, eine geweihte Schale, eine knöcherne Kette, eine Melodie, ein Instrument sie zu spielen und den Namen des Ritters beizuschaffen bzw. ausfindig zu machen, um ein Erlösungsritual am Grabe des armen Ritters vollziehen zu können. Nun gut, warum nicht mehr, sagten wir dem Priester, und so reichte er uns noch zwei Karten, einege Heiltränke - dafür mußte ich jedoch einen Knochen meiner Stammeskette opfern - erläuterte uns nochmals das Ritual und warnte uns schließlich vor Räubern lächerlich!!!!

Wir verließen den Tempel und machten uns auf die Suche nach einem wundersamen Hain, der auf einer der Karten eingezeichnet war und in dem wir eines oder mehrere der gesuchten Dinge wähnten. Zuvor hatten Guntram und Llewellyn Hinweisen des Priesters folgend schon die geweihte Schale nahe der Tempelmauer gefunden. Wohlklingende Musik leitete uns schneller als die Karte zu unserem Ziel, denn am Wege oberhalb des Hains saß auf einer Bank neben einem alten, verwitterten Steinkreuz ein Trompetenspieler, ein fahrender Musiker, der zu arm war seine Frau nebst seinen zwanzig Kindern zu ernähren - wie wir gleich von ihm zu hören bekamen. Hilfreich wie wir nun einmal sind, gaben wir ihm vielfach sättigendes Elbenbrot für seine Kinder ... dafür mußte er uns lediglich ein altes Schriftstück mit den Noten einer Melodie, mit der er eh nichts anfangen konnte, geben. Der Druide Sethor brauchte schon etwas länger, um ihm dies einleuchtend zu erklären. Wie wir ihn überzeugen konnten seinen Beruf und Broterwerb als Trompeter aufzugeben, uns gegen einen Schild sein Instrument auszuhändigen und stattdessen eventuell Räuber zu werden, ist mir heute, da ich diese Zeilen schreibe, jedoch nach wie vor unklar ...

Nachdem er uns noch von einem fahrenden Händler weiter wegabwärts berichtet hatte, verließ er uns mit seiner neuen Errungenschaft, dem Schild.
Wir aber konnten bereits die heilige Schale, die Melodie und ein Instrument sie zu spielen unser Eigen nennen. Und damit diese Dinge nicht schon bald in den Besitz von Räubern übergehen sollten, einigten wir uns, daß Nina, Sethor und Rubens mit unseren Schätzen solange am Steinkreuz verweilen sollten bis wir, Guntram, Llewellyn, Alcabar und ich, unten im Dickicht des Hains nach dem Rechten gesehen hatten, bzw. die eins, zwei Räuber, die wir dortvermu-teten, umgehauen hatten. Llewellyn sollte dann mit meinem Horn die anderen herbeituten.

Nun ja, wir schlichen ins Geäst, ich trennte mich aber bald von derVorhut, da ich das Heiligtum des Hains bereits erspäht hatte und brachte zwei Heiltränke in meinen Besitz - leider war hier kein weiterer der gesuchten Gegenstände verborgen. Plötzlich hörte ich den Ruf des Horns und konnte gerade noch erblicken, wie Llewellyn panisch tutend `Reine Luft! Ihr könnt vorrücken!`, verkündete und dabei schnellen Fußes gefolgt von Guntram und Alcabar, vor einer Horde von etwa einem halben Dutzend Räubern floh, die Keulen und Schwerter schwingend hinter ihnen her waren. Um Sethor und Rubens war es schnell geschehen, als sie ahnungslos dem Hornstoß in den Hain folgten und der uns verfolgenden Bande direkt in die Arme liefen. Rubens griff in seinem Wahn noch an - unbewaffnet ...

Uns aber verschaffte das Ableben der beiden genug Vorsprung, um  zum Steinkreuz zu gelangen. Dort wartete Nina - mit unseren Artefakten. Den Göttern sei Dank. Schnellstens organisierten wir unsere Flucht: Nina, Guntram und Alcabar mit den Heiligtümern sollten Richtung Händler fliehen und dort auf Llewellyn und mich warten. Wir sollten versuchen Sethor und Rubens wieder zum Leben zu erwecken. Doch war Llewellyn noch immer höchst verwirrt, schnappte sich Trompete und Schale und rannte los, Guntram und Nina hinterdrein.

Also stand mir eben kein Magier zur Verfügung um die Toten wiederzu-beleben. Allein Alcabar hatte noch klaren Kopf behalten und blieb an meiner Seite. So schlichen denn zwei Krieger zurück durch den Hain, um zu sehen, ob noch etwas zu retten war. Von den Räubern war nichts mehr zu sehen. Doch war dies nicht gerade beruhigend, konnte das Gesindel bereits die Spur der anderen drei Gefährten aufgenommen haben. Unsere Hoffnung wenigstens einen der Beiden „`lediglich` schwer verletzt anzutreffen, wurde hinweggefegt.
Übelst dahingemetzelt lagen Sethor und Rubens in ihrem Blute. Weder Alcabar noch ich hatten Elixiere des Lebens, und so blieb nur eine letzte Chance, bei der Ausrüstung des Druiden etwas in der Art zu finden. Doch außer einem lächerlichen Wunderwasser waren nur Gefäße mit Druidensymbolen, deren Sinn wir als uneingeweihte Krieger nicht verstanden, in Maccuills Lederbeuteln. Alles vergebens, der Magier mußte her, und sollte dieser nicht helfen können, dann vielleicht der Hüter des Tempels. Der aber war weit weg. So ließen wir die Unglücklichen erneut zurück und hofften, die anderen am verabredeten Treffpunkt bei dem fahrenden Händler heil wiederzusehen.

Schon von weitem hörten wir das ungeschlachte Gezeter eines Urbavaren - soweit wir dies als Rijnländer beurteilen konnten. Im Anhang von Llewellyn  und Guntram kraxelte hinkend an einem Stock eine behütete, hochgewachsene Gestalt den Weg hinauf - der Händler.
Meine Gefährtin Nina hatten die beiden sonstwo zurückgelassen ...

Um mit dem Händler erst einmal ins Gespräch zu kommen und unsere guten Absichten zu beweisen, er hielt uns für Räuber, kam  Llewellyn auf die glorreiche Idee, dessen Gebrechen mit einem Heiltrank heilen zu wollen. Der Händler bezeichnete Llewellyns Trank als `Teufelszeug` und unterstrich seine Abscheu mit lautestem Geschrei, man wolle ihn vergiften.

So ging denn unser Magier dazu über, ihn mit einem seltsamen Federritual mit heilender Lebensenergie zu versorgen. Die dazu benötigte Lebenskraft nahm er kurzerhand und ohne große Erklärung von mir. Das Ergebnis war umwerfend ... für mich. Wie ein ausgewrungener Putzlumpen lag ich krächzend auf dem Weg und meine Lebensenergie war sonstwohin abgeflossen, jedenfalls nicht ins Bein des nun noch lauter schreienden Bazis, der nach wie vor hinkte. Nach einem Fläschlein Erbrechen hervorrufenden Heiltranks aus dem Hainheiligtum nahm schließlich ich die Sache in die Hand und schaffte es mit Llewellyns Geld zu zwar unverschämten Preisen ein Elixier des Lebens, eine Lederschnur, etwas Kreide und einen Sonderposten des gesuchten heiligen Wassers zu erstehen. Dies hies aber noch lange nicht, daß wir den nervtötenden Händler loswurden, der mich plötzlich beschuldigte, daß ich ihm sein Schwert gestohlen hatte. Nach lägeren Diskussionen darüber ob er überhaupt einen gültigen Handelsbrief von Aquilason dem Ersten Kaufmann hätte und was er sich überhaupt dachte, wenn er das Schwert meiner Väter sein Eigentum nannte, beschloß ich doch noch ihn nicht Llewellyns Obhut zu überlassen, der schon mit wahnsinnigem Funkeln in den Augen sein Messer wetzte, sondern trieb zur Eile an, das erworbene Elixier des Lebens bei Sethor anzuwenden ...

Unterwegs trafen wir auf Nina, die glücklicherweise nicht als Sklavin von der Räuberbande gefangen genommen worden war. Der Händler folgte uns mit einem gewissen Sicherheitsabstand, laut fluchend, wie üblich. Als wir erneut bei Sethor und Rubens auftauchten, bot sich uns ein etwas verändertes Bild. Statt zweier Leichen wankten mit stupidem Blick zwei Zombies auf uns zu. Wie hatte mein Großonkel Trontan immer zu mir gesagt? `Laß´ nie einen Toten allzu lange bar jeden Schutzzaubers herumliegen, wenn Du nicht weißt welch’ Dämonengesocks gerade umgeht!` Jaja, recht hatte er gehabt. Wie blöd muß man auch sein, wenn man in einem verzauberten Hain vergißt einen Schutzkreis um seine toten Gefährten zu ziehen. Kurzum es gelang uns gerade noch die beiden niederzuknüppeln, bevor die unheimliche Macht sie gänzlich ergriff. Schnell flößten wir Sethor den Lebenstrunk ein und warteten ab bis er seine Wirkung zeigte.

Der wiederbelebte Druide versuchte dann gleich sein Glück bei Rubens, doch hatte `irgendwer`bei der Suche nach Heiltränken seine Zauberausrüstung  durcheinander gebracht. Ein wahnwitziger Orkan mähte uns nieder, doch Rubens regte sich, erhob sich ... leider als gehirntoter Fast-Zombie, der nur auf die Kommandos Sethors hörte. Nun ja, kaum ein Unterschied zu Rubens vorherigem Zustand, es konnte wietergehen. Der griesgrämige Händler verließ uns endlich - ein roter Flugdrache verschlang ihn, und wir machten uns auf den Weg zum Grab des verwünschten Ritters.

Kurz vor Erreichen der sagenumwobenen Feenfelsen, trafen wir auf einen Wandersmann. Auf dessen Brust prangte eine - nein -  die geheimnisvolle Knochenkette. Ein Rätsel sollten wir ihm lösen, dann würde die Kette uns gehören, sollten wir es nicht lösen, so forderte er die Zauberbeutel des Druiden. Mir ist nur noch der Schluß des Rätsels in Erinnerung. `... , doch erreichen wirst Du sie nie!` `Tja, die Sterne`, gab ich ihm zur Antwort.
So überreichte er uns die Kette und verabschiedete sich, ohne fluchend mit den Füßen auf den Boden zu stampfen, um eine Spalte darin aufzutun, in der er verschwinden konnte.  Es war also nicht Rumpelstilzchen!

Einem seltsamen Klopfen folgend fanden wir dann zu dem Steinelb von den Feenfelsen - kein großer Freund von Amadan-na-Brionna, wie ich bald feststellen konnte. Diesen schalt er, kaum hatte ich seinen Namen genannt, einen `elendigen Herumtreiber`. So sollte uns meine Elbenbekanntschaft nicht viel weiterhelfen. Nun ja, nachdem ich, um den Elb freundlich zu stimmen, einige übel große Steine für ihn zertrümmert hatte, bestätigte er  wohlwollend noch einmal, was Sethor und der Rest der Abenteuerer eigentlich soch vor 5 Minuten an einem Fels gelesen hatten - was ich ihnen leider nicht glauben wollte: `Natürlich ist das der Name des Ritters, und gib mir jetzt endlich meinen Hammer zurück!`

Der Rest ist kurz erzählt:

Auf dem Weg zum Grab des Ritters wurden wir - klarer Fall - nochmals von den Räubern überfallen. Obwohl unser hirntoter Rubens einen der Schurken etwa 500 Meter einen Waldweg entlangprügelte, wurden alle außer mir gnadenlos niedergemetzelt und auch mein Waffenarm war schlimm zugerichtet. Vor dem sicheren Tod bewahrte ich mich nur dadurch, daß ich unter der Leiche eines Räubers, der auf mich gestürzt war, zwangsläufig ein gutes Versteck fand ...

Aus meiner mißlichen Lage befreit, konnte ich gerade noch genug Heiltränke und Lebenselixiere bei den Toten und Halbtoten zusammensuchen, um einen halbwegs tauglichen  `Ritterseelen-Erlösungstrupp` aufzustellen. Am Grab angekommen, starteten wir sogleich das Ritual:
Der Druide blies die Melodie auf der Trompete, die Knochenkette wurde an das Grabkreuz gehängt, das heilige Wasser versprengt und der Name des Ritters ausgerufen. Einer göttlichen Eingebung folgend entzündete ich das Grab. Gierig verschlangen die Flammen Körper und Seele des Ritters und erlösten damit das arme Gespenst, das wir leider nie zu Gesicht bekamen von einem ruhelosen Dasein.

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