Nachts auf Herzberg

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Ygaen berichtete nun davon, daß es in dieser Gegend immer wieder zu gräßlichen Vorfällen kam, von zerfetzten, ausgesaugten Kühen und was noch schlimmer war, von ausgesaugten Menschen. Dies alles war zum Teil die Schuld der Allianz des Lichtes, schloß Ygaen von Gaard, denn sie hatte bei ihrem letzten Aufenthalt auf Burg Herzberg ihre `Aufgabe` nur zur Hälfte vollbracht. Zuerst erinnerte man sich des `Auftrages` nicht mehr, doch wußte so mancher was der fahrende Ritter meinte. Das Stichwort hieß Yal`.

Der dämonische Heerführer war damals nicht, wie erforderlich, mit den Dolchen auf alle Zeiten aus unserer Ebene verstoßen worden. Auch hatte man es damals versäumt, einen Vampir, nämlich den untoten Grafen Romrod, zu pfählen. Der geheiligte oder gesegnete Pfahl war damals ja auf mysteriöse Weise verschwunden.

Wie wir nun staunend vom Ritter erfuhren, hatte sich die Gruft des Vampirs damals genau unter dem Schrein des Yal befunden. Doch wie konnten wir das damals ahnen? Es ragte zwar ein Arm aus der Erde, doch so etwas kommt schon des öfteren vor. Als dann das Ritual zur Vernichtung des Yal begonnen wurde, konnte sich der Geist oder das Ego des Dämonenheerführers in den Körper des Vampirs retten. Da konnte man sehen was passiert, wenn ein Ritual nicht korrekt ausgeführt wird.

Seit geraumer Zeit nun spukte diese Kreuzung aus Vampir und Dämon durch die Wälder um die Burg. Damit nicht genug, Ygaen von Gaard erklärte uns nun auch noch, daß der Dämon gar nicht zu vernichten sei.

Das war des `Pudels Kern` - Romrods Herz.

Denn er trug sein Herz nicht mit sich herum, wie jeder halbwegs normale Mensch oder Dämon, nein, sein Herz befand sich in der Tiefe des Berges. Nun war guter Rat teuer, denn wie kann man an einen Gegenstand gelangen, der von Tausenden Kubikmetern Fels umgeben war?

Bevor man sich beraten konnte, mußte ich jedoch in meiner Eigenschaft als Herold, eine Bekanntmachung des Druiden verkünden. Hierin rief er den allgemeinen Wehrdienst aus, den jede wehrfähige Person antreten mußte. Ausgenommen waren hiervon nur Frauen, Nichtintelligenzen und Bettlägrige. Als Hauptmann wurde der Henker Rubens ernannt. Da ich aber in meiner Eigenschaft als Herold unterwegs war, sah auch ich mich vom Wehrdienst ausgeschlossen, denn wie jeder weiß sind Herolde neutral und fassen nie eine Waffe an.

Na ja, fast nie.

Nach einem kurzen Tumult über die Hauptmannswahl, faßte sich die Gesellschaft wieder und Rubens, freudig strahlend über seinen Posten, schrie seine neuen Rekruten an, daß ab jetzt andere Seiten aufgezogen werden und sie jetzt erst einmal das Exerzieren lernen müßten. Doch auch das lief nicht so ganz reibungslos ab, wie ich feststellen mußte, denn als Herold kennt man sich doch recht gut mit dem Zeremoniell und Protokoll aus.

Zuerst weigerte sich der Fürst von Suebia, er sei schließlich Fürst und vor allen Dingen nicht für die Sicherheit rjinländischen Gebiets verantwortlich. Dann versuchte der Hochmeister der Paladine des Lichtes, sich an der Befehlsgewalt zu beteiligen, aber dies lehnte der Hauptmann Rubens ab. Als schließlich alles, oder fast alles, in Reih und Glied stand, befahl der Hauptmann erst einmal festzustellen, wieviel Rekruten anwesend waren. Das Durchzählen funktionierte mehr oder weniger gut, denn es gab einmal die Nummer Eins, einmal die Nummer Zwei, dafür viermal die Drei, die Fünf jedoch überhaupt nicht. Schließlich raufte sich der Hauptmann die Haare und gab sich erfolgreich dem Alkohol hin, jedoch nicht ohne vorher die Wachen einzuteilen.

Als dies alles fertig war, berieten sich die Magier und Priester, wie man an das Herz gelangen konnte. Man kam darin überein, daß Daas Beenen, einen Schatten beschwören sollte, der den genauen Aufenthaltsort des Herzens erkunden sollte. Da mir magische Rituale aber zuwider sind, als Herold befasst man sich nun einmal mehr mit den weltlichen Dingen wie Festen, Feiern, dem Hofe, den Zeremonien, den protokolarischen Fragen und vor allem mit dem Aufschreiben der gefallenen Helden, brachte ich den gestreßten und leicht schwankenden Hauptmann der Wache zu Bett.

Später berichtete man mir, daß nachdem man den Schatten beschworen hatte, dieser irgendwie nicht so ganz funktionierte wie er sollte. Auch eine weitere Gestalt erschien, so gut wie zeitgleich, mit der Ankunft des Schatten. Salm Oster erkannte diesen Gesellen sofort wieder, wie er mir später versicherte. Es handelte sich um Bruder Eins, den ich auch recht gut von den Ereignissen auf Burg Murach kannte. Er war jedoch ohne seine Brüder angekommen. Diese so verdächtigte er die Anwesenden, befänden sich irgendwo auf dem Lagerplatz. Nach einigem Hin und Her, verschwand Bruder Eins genauso schnell wieder wie er gekommen war. Diesesmal jedoch mit zwei Verträgen, die er abschließen konnte.

Der Schatten wiederum brachte die gewünschten Nachrichten und einen Dolch, doch hierüber kann ich wenig Auskunft geben, verlangte doch der Hauptmann der Wache, daß ich ihn in den Schlaf singen mußte. So kann ich auch wenig über die Seelenfresser sagen, die uns in der Nacht heimsuchten, auch vom Erscheinen des Heerführers Yal kann ich an diesem ersten Abend nichts berichten.

Am nächsten Tag, genau zur Mittagsstunde, also während des Mahles, erschien plötzlich einer der vier Reiter. Es war der Reiter mit der Waage. Und während wir so speisten, machten sich der Hochmeister, der Oham-Priester und einige Andere auf, dem Fahlen Reiter Gesellschaft zu leisten. Später erfuhren wir anderen, daß sich in den Waagschalen des Reiters eine Aufgabe des Guten und eine Aufgabe des Bösen befunden hatte. André du Bois entschied sich für die Aufgabe des Guten, Gores von Hohenburg für die des Bösen.

Nachdem sich dann alle gestärkt hatten und satt waren, ging man daran die Aufgaben zu bewältigen. Durch einen Hinweis, konnte der Ohampriester Gores einen recht seltsamen Felsblock entdecken. Als drei Amulette darauf gelegt wurden, öffnete sich ein Spalt in diesem Felsen. Darin fand man weitere Schriftrollen. Durch irgendeine Fügung des Schicksals gelangte Gores in tiefere Regionen des Felsgesteins und als er seinen Arm aus dem Felsen herauszog, fehlte plötzlich seine Hand.

Nach einigem Hin und Her kam er aber wieder in den Besitz seiner Hand. Während des Studiums der Karten und Pergamente die wir im Felsen entdeckt hatten, wurden drei Gruppen gebildet. Zweien dieser stand ein Waldläufer als Karten- und Wegkundiger vor, der Dritten diente ich als Solcher. In meiner Gruppe befanden sich André du Bois, Imicho von Raufeisen, Salm Oster-Raufeisen, Daas Beenen, Homlet und Maximilian.

Wir machten uns also auf den Weg zum Friedhof, wo nach Meinung des Pergamentes die Feinde auf uns lauerten. Neben diesen dann auch noch ein seltsamer Baum. Am Friedhof angekommen, waren da jedoch viele seltsame Bäume und vor lauter seltsamen Bäumen fanden wir dann unseren seltsamen Baum nicht.

Auch von Feinden war weit und breit keine Spur. Doch das machte uns eigentlich nichts aus und so zogen wir dann wohlgemut weiter in die Tiefen der Wälder. Wir suchten den dreihundertundneunzigsten Stein, wo man uns laut Schriftrolle, `die Hand reichen wollte`. Wir zogen durch die Wälder und zogen und zogen. Je länger wir zogen, desto unzufriedener wurden meine Weggefährten mit mir. Man bezichtigte mich, die Karte nicht lesen zu können, sie in die Hand des Feindes zu führen und ähnliches. Schließlich bedrohte Salm Oster sogar mein Leben. Nur Homlet hielt noch zu mir.

Der dreihunderttundneunzigste Stein erwies sich schließlich auch als Irrtum, hatten doch böse Geister unseren Geist dermaßen verwirrt, daß wir statt Dreihundertunddreiundneunzig, Dreihundertundneunzig, gelesen hatten. Wir stellten fest, daß wir die ganze Zeit falsch gelaufen waren. Und auch das wurde mir angekreidet (dabei war ich wahrscheinlich der einzige in der ganzen Gruppe, der lesen und schreiben konnte! Ob sie nun Hochmeister, Magier oder Priester waren).

Zwischendurch waren wir nach auf die Gruppe um Gores von Hohenburg getroffen, die an einem seltsamen Steinmenhir angelangt waren. Ausgerechnet mein Untertan Erenor mußte sich des Menhirs annehmen und wurde von irgendetwas verhext. Besessen berichtete er von wirren Fieberträumen, in denen er flammende Seen und brennende Herzen geschaut hatte. Gores und seine Truppe, konnten Erenor aber wieder zu einem halbwegs brauchbaren Untertanen machen, so daß dieser Zwischenfall weniger tragisch für mich war.

Doch zurück zum dreihundertundneunzigsten Stein. Wir machten uns also wieder auf den beschwerlichen Weg und marschierten noch tiefer in die Wälder und Schluchten der Hexenberge hinab. Die Zweifel die an meiner Kartenlesekunst geäußert wurden, begannen nun auch an meinen Nerven zu nagen. Doch dann erreichten wir den Dreizack-Weg und schließlich die zweite heilige Lindeiche. Dort trafen wir auch die anderen beiden Gruppen, die kurz vor uns angekommen waren. Mitten in unser Zusammentreffen platzte ein total irrer Räuberhaupt-mann, der irgendwelchen nichtexistenten Gefolgsmännern befahl uns niederzumetzeln. Davon eingeschüchtert, konnten sich unsere unterlegene Streitmacht von ungefähr zwölf bis fünfzehn Bewaffneten auch nicht entschließen die beiden Räuber anzugreifen. Vollends verworren wurde die Lage, als ein knapp zwei Meter großer Troll daherkam und sich als Boing, der Bergwerkstroll, vorstellte.

Man entschloß sich mit den Räubern zu verhandeln. Auch als ich vorschlug, endlich mit der Schlacht zu beginnen, damit ich mit den Gefallenenlisten beginnen könne, ging man nicht auf meinen Vorschlag ein. Dazu mischte sich auch dauernd der Troll ein, der immer irgend etwas eintauschen wollte. Trotz zäher Verhandlungen gelang es Salm Oster, sich mit dem Hauptmann zu einigen, denn er hatte entdeckt, daß dieser das Schwert eines unserer Allianzmitglieder trug. Es war nämlich Ygmar del Bench, das Schwert von Ryan aus den Auen. Doch auch Salm Oster schien von der seltsamen Aura des Trolls besessen zu sein. Anstatt sich das Schwert zu nehmen, nachdem er erfahren hatte, daß Ryan dieses auf der Flucht vor den Räubern verloren hatte, tauschte er es gegen seinen Helm und seinen Dolch ein.

Homlet und mir war unterdessen eingefallen, daß wir an Grenzsteinen vorbei gekommen waren und als wir so darüber nachdachten, fiel uns ein, daß in diese Nummern eingeschlagen waren. Wir machten uns nochmals auf den Weg und liefen die Grenze ab. Und tatsächlich, bei Stein Dreihundertunddreiundneunzig, entdeckten wir eine versteinerte Hand. Damit liefen wir zurück zur Eichlinde wo man indessesn eine Steinrose entdeckt hatte. Da wir nicht wußten, was damit geschehen sollte, schlug Gores sie mit seinem Hammer aus dem Felsgestein. Nun waren wir in einem Dilemma, denn die Rose war so schwer, daß nur Gores sie heben konnte und dies auch nur dank seines `Stark-wie-ein-Esel`-Tranks. Dieser, so versicherte er mir, verstärke nicht nur seine Kraft, nein auch seine Triebe. Jetzt war da aber noch sein 80 kg schwerer Streithammer. Zwei Mann mußten wir abstellen, um diesen zurück zur Burg zu transportieren.

Kurz vor der Ankunft auf der Burg, verspürte ich aber ein komisches Rufen und Locken in meinem Schädel und als ich ihm nachgab, stand ich in der Nähe des Friedhofes vor einem seltsamen Baum. Zwischen den Wurzeln des Baumes war eine seltsame, etwa kopfgroße Knolle. In dieser Knolle sah ich etwas verdächtig schimmern und kaum hatte ich hinein gegriffen, da schnappte dieses Ding auch schon zu. Nach kurzer Zeit verspürte ich an meinen Fingerspitzen ein Brennen. Also nahm ich meine Füße in die mir verbliebene Hand und rannte zum Lager.

Unterwegs traf ich auf Salm Oster und klagte ihm mein Leid. Er versuchte das Ding, das er als Steinwutz bezeichnete, mit Ygmar des Bench zu zerschlagen, doch dies mißlang völlig.

Im Lager versuchte es der Druide Sethor indem er Pfeffer in den Steinwutz streute, doch das störte den Wutz nicht. Irgendjemand meinte ich solle die eine Hand mit meiner anderen herausziehen, doch plötzlich waren meine beiden Hände im Maul des Wutzes.

Neben meinen Händen, landeten im Laufe der Zeit schließlich noch die Dämonenhand und beide Druidenhände in der Steinwutz. Jetzt war guter Rat teuer. Es half nichts und dann auch niemand mehr. Doch schließlich erhörten uns die Götter des Druiden und sandten uns eine Spinne. Kaum fiel die in das Maul der Steinwutz, spuckte es unsere Hände, die Dämonenhand und die glänzenden Dinge heraus.

Ryan der mittlerweile zu uns gefunden hatte, erklärte, daß es sich hierbei um gefrorene Zeit handelte. Gores der zwischenzeitlich wieder zum Dimensionsfelsen` gegangen war, tauchte seinen Arm wieder in den Felsen und entdeckte einen merkwürdigen Stein, der Salm zufolge zwei Seelen besaß. Doch zu weiteren Erkenntnissen kam man nicht.

Nach dem Gelage kam es dann aber zu schrecklichen Geschehnissen als die Magier und die Priester des Oham und des Donosocortes versuchten, das Herz des Untoten Romrod herbeizubeschwören.

Plötzlich vernahmen die Anwesenden die Geräusche des Chaos und des Grauens. Überall dem war der Herzschlag des schwarzen Herzens zu vernehmen. Je länger und intensiver das Ritual dauerte, um so schneller wurde der Herzschlag. Mitten in das Ritual erfolgte dann auch das Erscheinen des dämonischen Heerführers Yal/Romrod. Grün leuchteten die Augen seines Schädelhelms und das Blut seines letzten Opfers troff noch von seinem Mundwinkel.

Er führte sein Dämonenschwert und der Anblick seinens magischen Schildes versetzte den Betrachter in den Bann des Untoten. Beim Versuch das Ritual zu stören, gelang es ihm, Hettrick Waispeerschaab aufs Schwerste zu verwunden. Und auch Cornix fiel ihm zum Opfer, allem Anschein nach, erlitt er einen Herzstillstand.

Komisch, den kaum versagte das Herz des Alchemisten, erschien das Herz des Dämonen. Kaum war es erschienen, wurde es von den magischen Flammen, die die Priester und Magier entfacht hatten, verzehrt.

Mit seinem Herzen, endete auch der dämonische Vampir.

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